Das Europäische Pflanzenkohle Zertifikat

Ziel der Richtlinien und Zertifizierung

Holz- und Pflanzenkohle gehören seit über zwei Jahrtausenden zu den grundlegenden Rohstoffen der Zivilisation. Der weitaus größte Teil der Holzkohle wurde zum Kochen, zum Heizen und zur Metallherstellung verwendet. Ein Teil der Holz- und Pflanzenkohlen wurde aber auch schon vor Jahrhunderten als Bodenverbesserer, als Stall- und Sanitärstreu, Heilmittel und auch als Futterergänzung verwendet. Im letzten Jahrhundert ging viel von diesem traditionellen Wissen verloren und ist erst um die Jahrtausendwende wieder neu entdeckt worden.

Dank umfangreicher multidisziplinärer Forschungen und praktischer Versuche ist es gelungen, die biologischen und physikalisch-chemischen Abläufe beim Einsatz von Pflanzenkohle besser zu verstehen und Schritte zu ihrem Einsatz in der landwirtschaftlichen Praxis einzuleiten. Seit 2015 wurde bereits eine deutliche Zunahme der landwirtschaftlichen Verwendung von Pflanzenkohle verzeichnet. Ab 2020 wird eine weitere Beschleunigung sowohl des landwirtschaftlichen als auch des industriellen Einsatzes von Pflanzenkohle erwartet. Die landwirtschaftlichen Anwendungen reichen dabei von der Bodenverbesserung, dem Einsatz als Kompostierzusatz und als Trägerstoff für Düngemittel oder Gülle bis hin zur  Stalleinstreu, zu Silagehilfsstoffen und zu Futtermittelzusätzen. Die industrielle Anwendung betrifft insbesondere die Sektoren der Bau- und Kunststoff- sowie der Papier- und Textilindustrie.  

Die meisten traditionellen Methoden zur Herstellung von Holz- und Pflanzenkohle waren hinsichtlich ihrer Kohlenstoffeffizienz und vor allem hinsichtlich ihrer Umweltbilanz ungenügend und sind entsprechend ungeeignet, um die zu erwartenden Mengen an Pflanzenkohle für Industrie und Landwirtschaft zu produzieren. Erst durch moderne Pyrolyseanlagen und -methoden kann Pflanzenkohle aus einer großen Vielfalt von Biomassen energieeffizient und ohne Belastung für die Umwelt hergestellt werden. Da sowohl die Eigenschaften der Pflanzenkohle als auch die Umweltbilanz ihrer Herstellung stark abhängig von der technischen Steuerung der Pyrolyse und den verwendeten Biomassen sind, war es notwendig, ein sicheres Kontrollsystem für die Herstellung und Analyse von Pflanzenkohle einzuführen.

Mit den vorliegenden Richtlinien für die Erlangung des Europäischen Pflanzenkohle-Zertifikates beabsichtigt das Ithaka Institut eine wissenschaftlich fundierte und praxisnahe Kontrollgrundlage einzuführen. Dank des Kontrollzertifikates sollen die nachhaltige Produktion von Pflanzenkohle sichergestellt werden und die Produzenten gegenüber Anwendern und Behörden die Möglichkeit erhalten, die Qualität der Pflanzenkohle nachweisbar zu garantieren.  

Die Pflanzenkohle-Technologie entwickelt sich weiterhin sehr rasch. Weltweit werden in zahlreichen Forschungsprojekten die Eigenschaften von Pflanzenkohlen und deren Wechselwirkungen mit anderen Substanzen, Materialien und der Umwelt untersucht. Monatlich erscheinen neue Versuchsergebnisse und hunderte wissenschaftliche Studien zum Thema. Jedes Jahr streben neue Hersteller von Pyrolyseanlagen auf den Markt, und die Einsatzbereiche für Pflanzenkohle und von pflanzenkohle-basierten Produkte wachsen. Das vorliegende Pflanzenkohle-Zertifikat ist mit dieser wissenschaftlichen und technischen Dynamik eng verknüpft und wird dementsprechend jedes Jahr nach den neuesten Erkenntnissen und Entwicklungen überarbeitet. Grenzwerte und Analysemethoden werden jeweils an die neuesten Erkenntnisse angepasst oder wenn nötig neu eingeführt.

Das Ziel der Richtlinien besteht in der Gewährleistung einer wissenschaftlich stichhaltigen, gesetzlich abgesicherten, wirtschaftlich verantwortbaren und praktisch umsetzbaren Kontrolle der Produktion und Qualität von Pflanzenkohle. Für Anwender von Pflanzenkohle und Produkten auf Basis von Pflanzenkohlen soll eine transparente und nachvollziehbare Kontrolle und Qualitätsgarantie ermöglicht werden.

Das European Biochar Certificate ist ein freiwilliger Industriestandard in Europa. Die Zertifzierungsstufe EBC-AgroBio gilt in der Schweiz als Voraussetzung für den Einsatz von Pflanzenkohle als Bodenverbesserer.